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Phasenverbindende Kooperation in der Grundschulpädagogik – Das "L2-Netzwerk" der Universität Halle-Wittenberg : Datum:

Das Projekt "Digital kompetent im Lehramt" entwickelt im "L2-Netzwerk" Unterrichtskonzepte in der Grundschulpädagogik, die die erste und zweite Phase der Lehrkräftebildung zum Thema "Digitale Medien im Unterricht" verbinden. Lehramtsstudierende erhalten Einblick in die Unterrichtspraxis, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst erwerben Wissen und Kompetenzen zum Einsatz von digitalen Medien im Unterricht.

Drei Personen blicken in einen Laptop.
Die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Referendarinnen und Referendaren ermöglicht nicht nur im Bereich der Digitalisierung einen praxisnahen Austausch und führt zu einem besseren Rollenverständnis der zukünftigen Lehrkräfte. © BMBF/Alexandra Roth

Von Ines Bieler und Katharina Heider

Im Hinblick auf das Querschnittsthema der Digitalisierung in der Lehrkräftebildung besteht in allen Phasen der Lehrkräftebildung Nachholbedarf. Für die erste Phase, so beschreibt es die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie des Monitor Lehrerbildung, "sieht etwa die Hälfte der Hochschulen solche verpflichtenden Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen (abgesehen vom Lehramtstyp für die beruflichen Schulen) vor – allerdings nur in einzelnen Lehramtsfächern". In der zweiten Phase hängt die Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalisierung von der digitalen Affinität der Studien- und Fachseminarleitungen beziehungsweise der Mentorinnen und Mentoren vor Ort ab. Viel zu selten und zu unverbindlich werden Kenntnisse zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht vermittelt. Eine curriculare Verankerung fehlt.

DikoLa bringt erste und zweite Phase der Lehrkräftebildung im Bereich der Digitalisierung zusammen

Das Projekt "Digital kompetent im Lehramt (DikoLa)" der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bietet mit dem "L2-Netzwerk" den Teilnehmenden beider oben genannter Phasen der Lehrkräftebildung eine Möglichkeit, gemeinsam an konkreten Unterrichtsprojekten zum Einsatz digitaler Medien zu arbeiten. Inhaltliches Ziel ist die gemeinsame Konzeption einer Lehr-Lernsituation zum Arbeiten mit digitalen Medien im Grundschulbereich.
Die Lehramtsstudierenden bringen ihre Theoriekenntnisse zu digitaler Medienbildung, Unterrichtsbegleitung und -evaluation aus dem Seminar ein. Die Praxisbedingungen der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) geben die technischen, pädagogischen und didaktischen Bedingungen vor. So treffen die theoretischen Überlegungen aus dem universitären Seminarkontext auf praktische Erprobung im schulischen Kontext.

Darüber hinaus stärkt die Arbeit im L2-Netzwerk die kollegiale Teamarbeit – ein Aspekt, der sowohl während des Studiums als auch in der Vorbereitungszeit kaum praktisch erfahrbar wird, aber vor dem Hintergrund der sich stetig verändernden Anforderungen an das Lernen und Lehren in einer Kultur der Digitalität eine ubiquitäre Herausforderung darstellt.

Ablauf: Von der Idee zum Lehr-Lernkonzept für die schulische Praxis

Das Projekt gliedert sich sowohl für die Studienseminare als auch für das Seminar der Lehramtsstudierenden in folgende Phasen:
1. Matching der Teams – Präsenzveranstaltung
2. Projektentwicklung – individuelle Teamarbeit mit Konsultationen
3. Projektdurchführung – Unterrichtssequenz an Schulen
4. Präsentation – Präsenzveranstaltung
5. Feedback und Evaluation
6. Überarbeitung und Veröffentlichung als Open Education Resources (OER)

Auftaktveranstaltung für die L2-Netzwerkarbeit ist ein sogenanntes Matching-Treffen, bei dem die Lehramtsstudierenden ihre Ideen "pitchen" und sich im anschließenden Austausch gemischte Teams finden. In diesen gemischten Teams werden Kommunikationskanäle, Arbeitsabläufe und Verantwortlichkeiten festgelegt, so dass die kollaborative Arbeit eigenständig und selbstorganisiert starten kann. Von Seiten der Universität und des Studienseminars werden während dieser Phase Feedback- und Beratungssprechstunden angeboten.

Die Teams aus Lehramtsstudierenden und LiV konzipieren gemeinsam einen Unterrichtsentwurf mit dem Ziel, diesen in einer Klasse einer am Projekt beteiligten LiV umzusetzen. Die Stundenentwürfe orientieren sich an den Lehrplananforderungen Sachsen-Anhalts für die Grundschule und setzen die im Grundsatzband 2019 formulierte Forderung um, dass "[i]m Zentrum des Lernens [...] der Erwerb grundlegender Basiskompetenzen im Lesen, Schreiben, Rechnen und im Umgang mit Medien" steht. Begleitet wird diese Phase von Konsultationsterminen und Beratungsangeboten der Projektleitung.

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Die Bedeutung von digitalen Medien sollte nicht vernachlässigt werden und wird einen auf jeden Fall im Berufsleben begleiten. Deshalb ist es sinnvoll, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen!

Feedback aus der anonymen Evaluation

Die entwickelten Lehr-Lernkonzepte werden an den Schulen der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst möglichst durch das gesamte Team umgesetzt.

Im Rahmen der Abschlusspräsentation werden alle Unterrichtskonzepte im Plenum vorgestellt. Erfahrungen, Reflexionen und Feedback sowohl zu den einzelnen Lehr-Lernszenarien als auch zur kooperativen Projektarbeit werden ausgetauscht. Alle Ergebnisse fließen in die Überarbeitung der Materialien ein, die als OER veröffentlicht werden.

Erkenntnisse aus dem bisherigen Projektverlauf

Sowohl die teilnehmenden Lehramtsstudierenden als auch die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst bewerteten die Möglichkeit, ihr Wissen zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht praktisch zu erproben, als positiv. Besonders betont wurde, dass Ideen auf ganz konkrete technische Ausstattungsoptionen treffen und entsprechend angepasst werden müssen. Dies ist eine Situation, vor der die zukünftigen Lehrkräfte, bedingt durch den digitalen Wandel, im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit immer wieder stehen werden.

Gemeinsam Unterrichtssequenzen zu konzipieren, zu entwickeln und zu gestalten, war für die Teilnehmenden ein Erfahrungszuwachs, der sich im traditionellen Ablauf von Studium und Vorbereitungsdienst nicht ergeben hätte. Als praktischen und nachhaltigen Gewinn wurden die als OER veröffentlichten Good-Practice-Beispiele eingeschätzt.

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Ich fand den Austausch zwischen Studierenden und Livs sehr gelungen. Es handelt sich um zwei sehr unterschiedlich vorangeschrittene Gruppen bei der Lehrerausbildung. Dadurch kamen viele verschiedene Ideen zusammen und kleine Tipps wurden hier und da erwähnt.

Feedback aus der anonymen Evaluation

Das L2-Netzwerk legt allerdings auch die institutionellen Schranken innerhalb der verschiedenen Phasen der Lehrkräftebildung offen. Die gemeinsame Arbeit sowohl für die Projektleitung als auch für die Teilnehmenden ist mit einem sehr hohen Kommunikations- und Koordinationsaufwand verbunden, der durch die Inkompatibilität der verschiedenen Tools in den jeweiligen Phasen (wie beispielsweise unterschiedliche Lernmanagementsysteme) erschwert wird. Die Projektarbeit ist vor allem für die LiV mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden, der bei einer verbindlichen Integration in das Studienseminar mit einer Anerkennung an zu erbringende Leistungen verknüpft werden sollte.

Fazit: auch Mehrwert hinsichtlich des Rollenverständnisses zukünftiger Lehrkräfte

Das phasenverbindende Projekt "L2-Netzwerk" zeigt neben dem inhaltlichen Gewinn für die Beteiligten einen Lernprozess hinsichtlich des Rollenverständnisses der zukünftigen Lehrkräfte. Die Lehramtsstudierenden erhalten Einblicke in die Phase des Vorbereitungsdienstes, der für sie oft mit Ängsten verbunden war. Die Lehrkräfte des Vorbereitungsdienstes wiederum verstehen sich in dieser Teamkonstellation als Mentorinnen und Mentoren, die mit ihren bisherigen Praxiserfahrungen punkten. Beide Gruppen liegen von ihrem Erfahrungshorizont hinsichtlich des Unterrichtens nicht sehr weit auseinander und können dadurch auf Augenhöhe kommunizieren. Sie bringen Wissen und Kompetenzen aus unterschiedlichen Bereichen ein. Damit gestaltet sich eine Arbeitssituation wie sie im zukünftigen beruflichen Kontext auftreten wird – kooperative Arbeit im Kollegium einer Schule. Eine Lehrkraft im Vorbereitungsdienst antwortete auf die Frage nach dem Erfolgserlebnis, das sie aus diesem Projekt mitnimmt: "motivierte Kinder, vielversprechende Ergebnisse, weiterführende Arbeit möglich."


Dr. Katharina Heider ist Koordinatorin des Projekts "Digital kompetent im Lehramt (DikoLa)" an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
StRin Ines Bieler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts und verantwortlich für den Bereich der Vernetzung zwischen Universität und schulischer Praxis.