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Moderne Schule braucht Lehrkräfte mit zukunftsweisenden Kompetenzen : Datum:

Zukunftsweisende transformative, datenbezogene, digitale und informatische Kompetenzen müssen schon in der Schule vermittelt werden. Sie sind grundlegend für die gesellschaftliche Teilhabe, Wettbewerbsfähigkeit und die Generierung innovativer Lösungen zunehmend komplexerer Probleme. Lehrkräfte müssen diese Kompetenzen selbst besitzen, um diese vermitteln zu können. Mehrere Erhebungen des Stifterverbands und anderer Institutionen zeigen hier einen deutlichen Handlungsbedarf auf.

Eine Lehrerin zeigt etwas am Tablet. Schülerinnen und Schüler stehen um sie herum.
Lehrkräfte müssen zukunftsweisende Kompetenzen selbst erwerben und vermitteln können. © Adobe Stock / contrastwerkstatt

Von Felix Süßenbach

Zur gesellschaftlichen Teilhabe, nationaler wie internationaler Wettbewerbsfähigkeit sowie zur Bewältigung zunehmend komplexer, globaler und digitaler Herausforderungen sind zukunftsweisende Kompetenzen dringend erforderlich. Mehrere Erhebungen des Stifterverbandes und anderer Institutionen zeigen, dass die Vermittlung entsprechender transformativer, datenbezogener, digitaler und informatischer Kompetenzen in der Schulbildung noch stark ausbaufähig ist; Lehrkräfte besitzen die entsprechenden Kompetenzen oft selbst nicht. Neben curricularen Änderungen müssen Lehrkräfte daher massiv in Aus- und Weiterbildung gefördert werden, um diese Kompetenzen und entsprechende didaktischen Fähigkeiten zur Kompetenzvermittlung zu erlangen. Dabei werden transformative, datenbezogene und digitale Kompetenzen bei allen Lehrkräften benötigt, denn diese lassen sich am besten fächerintegrativ vermitteln und in nahezu alle Fächer einbinden. Informatische Kompetenzen müssen vor allem bei eigens dafür geschulten (zum Beispiel über ein Informatik-Lehramtsstudium) Lehrkräften vorliegen, denn diese müssen in einem eigenständigen Pflichtfach Informatik vermittelt werden.

Transformative Kompetenzen als zentrale Fähigkeiten für eine Welt im Wandel

Transformative Kompetenzen sind die zentralen Fähigkeiten für eine Welt im Wandel. Lehrkräfte müssen diese Kompetenzen selbst besitzen, um sie lehren zu können, wobei sich eine Priorisierung daraus ableiten lässt wie transformative Kompetenzen aufeinander aufbauen. Urteilsfähigkeit ist die grundlegendste Kompetenz, also gesellschaftliche Herausforderungen unter Berücksichtigung der Qualitätsunterschiede verschiedener Informationsquellen beurteilen zu können. Darauf aufbauend müssen Veränderungsziele entwickelt (Veränderungsfähigkeit) und der Status Quo mit innovativen Lösungen in Frage gestellt werden (Innovationskompetenz). Zwischen verschiedenen und teilweise widersprüchlichen Perspektiven vermitteln zu können ist dabei zentral (Dialog- und Konfliktfähigkeit). An der Spitze der transformativen Kompetenzen steht, andere von guten Lösungen begeistern zu können; am effektivsten im Sinne eines Missionsnarratives (Missionsorientierung).

Eine Erhebung des Stifterverbandes zeigt, dass junge Menschen, die ein Lehramtsstudium anstreben oft Begeisterungsfähigkeit im Sinne der Missionsorientierung mitbringen; Veränderungskompetenz und Dialogfähigkeit werden allerdings selten genannt. In der Lehramtsausbildung findet die Bildung für nachhaltige Entwicklung zwar inzwischen mehr Gewicht, eine verbindliche und systematische Verankerung in den Ausbildungsplänen steht aber weiterhin aus.

Datenbezogene Kompetenzen als Grundlage für einen bewussten Umgang mit Daten

Datenbezogene Kompetenzen sind für einen bewussten und kritischen Umgang mit Daten nötig. Dazu gehören laut Hochschulforum Digitalisierung Kompetenzen, Daten zu erfassen, erkunden, managen, kuratieren, analysieren, visualisieren, interpretieren, kontextualisieren, beurteilen und anzuwenden. Zur fundierten Meinungsbildung (vergleiche Urteilsfähigkeit) ist ein kritischer Umgang mit Daten zentral. Zudem stärken datenbezogene Kompetenzen Verantwortungsbewusstsein und Selbstbestimmtheit, beispielsweise erlauben sie souverän und verantwortungsvoll mit eigenen und fremden Daten umzugehen und die Chancen der heutigen weitreichenden Datensammlung und -nutzung aktiv wahrzunehmen.

Laut einer Recherche des Hochschulforums Digitalisierung werden datenbezogene Kompetenzen in der Lehrkräfteausbildung noch nicht systematisch berücksichtigt. Ausnahmen hiervon sind das Mathematik- und Informatiklehramt sowie einzelne Initiativen weniger Hochschulen wie etwa "Daten Lesen Lernen" des Göttingen Campus.

Digitale Kompetenzen ermöglichen aktive Teilnahme in einer digitalisierten Umwelt

Digitale Kompetenzen ermöglichen Menschen sich in einer digitalisierten Umwelt zurechtzufinden und aktiv an ihr teilzunehmen. Schon heute sind viele Leistungen des öffentlichen Lebens nur noch digital verfügbar, arbeiten am Computer ist die Normalität in vielen Berufen und auch die Möglichkeiten zur Selbstentfaltung und Entwicklung werden durch digitale Kompetenzen enorm gesteigert. Zu diesen Kompetenzen zählen die Fähigkeit gängige Computersoftware nutzen zu können, Sicherheitsregeln im Netz, Onlinekanäle zur effizienten Kommunikation und Austausch nutzen zu können, oder digitale Quellen und Lernsoftware zum effektiven und zielgerichteten Aufbau von Wissen nutzen zu können. Digitale Kompetenzen können dabei in allen Fachbereichen Einzug finden; sei es für computergestützte Simulationen in der Physik, Datenbankrecherchen in Geschichte oder Übersetzungsprogramme in den Fremdsprachen. Lehrkräfte benötigen diese Kompetenzen dabei nicht nur um diese vermitteln zu können, sondern auch unbedingt, um den Anforderungen an modernen Unterricht zu genügen.

Nicht nur die zuletzt pandemiebedingte Umstellung auf Digitalunterricht legte den Mangel beziehungsweise Bedarf an diesen Kompetenzen offen. In einer Erhebung der Bertelsmann Stiftung im Jahr 2017 nahmen sich nur 15 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer als versierte Nutzer digitaler Medien wahr. Der Monitor Lehrerbildung bemängelte zuletzt das schleppende Tempo bei der Verankerung digitaler Kompetenzen in den Ausbildungsplänen und sagte vorher, dass es bei diesem Tempo "beispielsweise für das Lehramt an Gymnasien bis ins Jahr 2040 [dauern würde], bis digitalisierungsbezogene Kompetenzen flächendeckend in der 1. Phase der Lehrerbildung etabliert sind".

Informatische Kompetenzen spielen immer größere Rolle

Informatische Kompetenzen spielen eine immer größere Rolle zur gesellschaftlichen Teilhabe. Darunter fallen beispielsweise Fähigkeiten und Wissen zu Algorithmen, grundlegendem Aufbau von Informatiksystemen, grundlegende Programmierkenntnisse oder Wechselwirkungen von Informatiksystemen und deren gesellschaftliche Einbettung. Diese Kompetenzen sind unter anderem für den bewussten und effektiven Umgang mit alltäglichen informatischen Inhalten wie Virensoftware, Cookies, Kryptowährungen oder der Instandhaltung des eigenen Computers nötig. Da diese Kompetenzen in einem eigenständigen Pflichtfach Informatik vermitteln werden müssen, braucht es vor allem speziell dafür geschultes Lehrpersonal.

Wie die Gesellschaft für Informatik regelmäßig feststellt, offenbaren die Bundesländer einen Flickenteppich von gar keinen, wählbaren und Pflichtangeboten in Informatik. Dabei gibt es nur zwei Bundesländern, die heute schon einen verbindlichen und schulartunabhängigen Informatikunterricht über mehrere Jahrgangsstufen der Sekundarstufe I anbieten. In diesen Bundesländern besitzen rund fünf Prozent der Lehrkräfte eine Lehrbefähigung Informatik. Hiervon sind die meisten Bundesländer noch weit entfernt, daher bleibt der Aus- und Weiterbildungsbedarf an informatischen Kompetenzen enorm.


Dr. Felix Süßenbach ist promovierter Psychologe und arbeitet als wissenschaftlicher Referent beim Stifterverband e.V. Sein Fokus liegt auf den Themenbereichen Future Skills, Informatikunterricht und Chancengerechtigkeit.