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Zwischen Organisation und Profession – ein Einblick in die Bielefeld School of Education : Datum:

Wie können Projektergebnisse der Qualitätsoffensive nachhaltig an den Schools of Education verankert werden? Welche Rolle nehmen die Schools als zentrale Schnittstelle ein? Und wo liegen Potenziale für deren Weiterentwicklung? In einem Gespräch über die Bielefelder Lehrkräftebildung fanden sich einige Antworten darauf.

Prof. Dr. Petra Josting, Julia Schweitzer, Prof. Dr. Martin Heinrich und Dr. Norbert Jacke im Online-Interview
Im Online-Interview beleuchten Prof. Dr. Petra Josting, Julia Schweitzer, Prof. Dr. Martin Heinrich und Dr. Norbert Jacke (v.l.n.r.) die Entwicklungen der Bielefeld School of Education. Bildquelle: Julia Schweitzer © Julia Schweitzer

Von Julia Schweitzer

Die Lehramtsstudierenden an der Universität Bielefeld, die rund 20 Prozent aller Studierenden ausmachen, haben mit der Bielefeld School of Education (BiSEd) eine zentrale Anlaufstelle in Sachen Lehrkräftebildung. Um deren Institutionalisierung zu betrachten, haben sich online zentrale Akteure der Bielefelder Lehrkräftebildung zusammengefunden: BiSEd-Direktorin Prof. Dr. Petra Josting, Prof. Dr. Martin Heinrich (Vorstandsmitglied der BiSEd und Projektleiter von BiProfessional) sowie der geschäftsführende Leiter der BiSEd, Dr. Norbert Jacke. Sie sprechen mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Julia Schweitzer über die Verzahnung zwischen dem Bielefelder Projekt der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ (QLB) „BiProfessional“ und der BiSEd.

Die Gliederung der BiSEd

Um nachvollziehen zu können, wie die Projektergebnisse nachhaltig implementiert werden, ist zunächst ein Blick auf die Funktionsweise der BiSEd notwendig. Aufgrund der Verankerung als Querstruktur wird in der BiSEd viel Wert darauf gelegt, die Lehramtsausbildung ganzheitlich und mehrperspektivisch zu betrachten. So vereinen sich in der BiSEd Mitglieder aus den neun an der Lehrkräfteausbildung beteiligten Fakultäten. Sie entsenden Forschende, Lehrende und Studierende in die Gremien der BiSEd. Hierzu zählen:

  • der Vorstand, der die BiSEd leitet und aus dessen Mitte eine Direktorin oder ein Direktor gewählt wird,
  • die BiSEd-Konferenz, die unter anderem den Vorstand wählt und Impulse für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Lehrerausbildung an der Universität Bielefeld setzt,
  • sowie der Studienbeirat, der die Gremien und Funktionsträger in Angelegenheiten von Lehre und Studium berät.

Neben der Struktur der BiSEd sind auch die gemeinsam verantworteten Aufgaben in der Verwaltungs- und Benutzungsordnung festgeschrieben. Diese beziehen sich auf die Bereiche Studium, Lehre, Fort- und Weiterbildung sowie Initiierung und Förderung von Forschung. Als operativer Kern der BiSEd fungiert die BiSEd-Geschäftsstelle, die neben administrativen auch koordinierende und vernetzende Aufgaben übernimmt.

Schnittstellenfunktion

Im Gespräch betont Petra Josting die wichtige Schnittstellenfunktion der BiSEd sowohl innerhalb der Universität zwischen den Fächern, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften als auch mit Blick auf die phasenverbindende Vernetzung nach außen zu den Schulen und Zentren für schulpraktische Lehrkräfteausbildung. Norbert Jacke ergänzt, dass die BiSEd außerdem eine Schnittstelle zwischen der Universitätsverwaltung und den Fakultäten bilde. Hier werde laut Martin Heinrich das Spannende an der BiSEd als Querstruktur deutlich, denn es vermische sich die Schnittstellenlogik im Sinne des technisch-organisatorischen und des Professionellen miteinander. Die BiSEd nehme eine Zwischenstellung zwischen Rektoratsbezug als Organisationsform und der Anbindung an die Fakultäten ein.

An dieser Stelle zeigt sich ein wichtiger Erfolgsfaktor: „Das Besondere an der BiSEd ist, dass wir dort engagierte Personen aus den Fakultäten und der Geschäftsstelle haben, die eben ein Gespür dafür haben, dass Lehrkräftebildung auch einer bestimmten organisationalen Verfasstheit bedarf, ohne dabei den Professionsbezug zu verlieren. Damit ist eine Doppelstruktur gelegt, die die Logik der Steuerung von Universität über Fakultäten als auch die Logik der Steuerung von Universität über Rektorat zumindest in einen Austauschprozess bringt. Im BiSEd-Vorstand können wir recht elegant immer wieder zwischen diesen Logiken wechseln, um zu schauen, welche Logik jeweils bespielt werden muss, um einen Professionalisierungsgewinn für die Lehrkräftebildung zu erreichen. Das erfordert manchmal ein bisschen Kreativität“, so Martin Heinrich.

Blick auf den Campus der Universität Bielefeld. Es sind mehrstöckige Gebäude und eine Baumreihe zu sehen.
Alle Akteure der Bielefelder Lehrkräftebildung agieren auf demselben Universitätscampus. © Julia Schweitzer

Strukturentwicklung

Eben jene beiden Logiken hat auch das QLB-Projekt BiProfessional--Bielefelder Lehrerbildung: praxisorientiert-forschungsbasiert-inklusionssensibel-phasenübergreifend im Blick. Neben der evidenzbasierten Gestaltung von Lehrinnovationen liegt das Ziel auch in der Weiterentwicklung der Strukturen der Lehrkräftebildung. Diesbezüglich betont Martin Heinrich, dass in Bielefeld schon eine sehr gute Organisationsstruktur vorhanden war, auf die aufgebaut werden konnte.
Dies betrifft zum einen die Verankerung der vier im Rahmen von BiProfessional gegründeten Forschungs- und Entwicklungszentren mit den Schwerpunkten Praxisreflexion, Forschendes Lernen, inklusionssensible sowie phasenübergreifende Lehrkräftebildung. Hier werden nicht nur die Projektergebnisse nachhaltig gebündelt, sondern die Zentren leisten auch über die QLB hinaus drei Funktionen:

  • als Anlaufstelle schaffen sie Transparenz über standortbezogene Aktivitäten,
  • als Austauschort koordinieren sie Vorhaben
  • und als Entwicklungslabor initiieren sie neue Forschungs- und Entwicklungsprojekte.

Über die Zentren hinaus konnten weitere Strukturen etabliert werden. Dazu erläutert Martin Heinrich: „Im Rahmen des Strukturaufbaus haben wir das, was in den letzten Jahren an Innovationsbedürftigkeit des Systems bildungspolitisch virulent geworden ist, aufgegriffen, indem wir auf der Mikrostruktur jeweils Methoden und Verfahren gefunden haben, um Orte der Zusammenarbeit zu schaffen. Entstanden sind auf jeweils unterschiedliche strukturelle Herausforderungen reagierende Formate, die wir dann institutionalisiert haben.“ Beispiele hierfür sind:

  • die Open-Access-Strategie mit der Neugründung der Zeitschriften „Herausforderung Lehrer*innenbildung“ (HLZ),
  • „Die Materialwerkstatt“ (DiMawe) und
  • „PraxisForschungLehrer*innenBildung“ (PFLB),
  • die Bündelung im Online-Portal PortaBLe,
  • die Materialwerkstätten als hochschuldidaktisches Reflexionsformat,
  • das Graduiertenprogramm sowie
  • weitere angestoßene Digitalisierungsprozesse.

Zum anderen konnte das Bielefelder QLB-Projekt auch auf die in der BiSEd vorhandenen Kommunikationsstrukturen zurückgreifen. Petra Josting betont diesbezüglich: „Die QLB stellt für mich insofern einen Meilenstein an unserer Universität dar, als dass die Forschung in den Fachdidaktiken mit den Bildungswissenschaften enorm vorangetrieben worden ist. Dadurch sind viele Kooperationen und auch weitere neue Projekte entstanden.“ Norbert Jacke ergänzt: „Die Kolleginnen und Kollegen kannten sich zwar auch vorher schon, aber der Integrationsmodus ist ein deutlich anderer. Den größten Unterschied zu der Zeit vor der QLB sehe ich darin, dass nun durch ein gemeinsames Projekt nicht mehr nur ein gegenseitiges Informieren in verschiedenen Austauschformaten stattfindet, sondern sich wirklich eine gemeinsame wissenschaftliche Arbeit vollzieht.“

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Den größten Unterschied zu der Zeit vor der QLB sehe ich darin, dass nun durch ein gemeinsames Projekt nicht mehr nur ein gegenseitiges Informieren in verschiedenen Austauschformaten stattfindet, sondern sich wirklich eine gemeinsame wissenschaftliche Arbeit vollzieht.

Dr. Norbert Jacke

Resümierend hält Martin Heinrich fest: „Durch die QLB haben wir vor allem die Stärken gestärkt. Das was in Bielefeld als Reformuniversität schon latent vorhanden war, nämlich die dialogische Komponente über die Fächergrenzen hinweg, konnte durch die QLB nochmal expliziter gemacht und ins Bewusstsein der Akteurinnen und Akteure gehoben werden. Die Forschungs- und Entwicklungslogik sowie die multiparadigmatische Ausrichtung haben sehr gewonnen. Wir hoffen, dass die dialogische Komponente nun auch für die Studierenden ein Stück weit greifbarer ist und damit für deren habituelle Prägung im späteren Lehrberuf vielleicht auch wirksam werden kann.“

Trotz der besonderen Strukturmerkmale der BiSEd sehen die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auch Grenzen einer non-direktiven Steuerung. „Die BiSEd kann Prozesse anregen und auch dafür sorgen, dass etwas curricular verankert wird, aber wir können letztlich niemanden, vor allem auf Ebene der Lehrenden, zwingen etwas umzusetzen“, gibt Petra Josting zu bedenken. In die Zukunft blickend sagt sie: „Ich würde mir wünschen, dass alle an dieser Universität – auch die Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler – zur Kenntnis nehmen, was in der BiSEd alles läuft, was auf den Weg gebracht wurde in den letzten Jahren und wie wichtig die BiSEd für die Ausbildung von den Lehrerinnen und Lehrern von morgen ist.“

Prof. Dr. Martin Heinrich ist Professor für Schulentwicklung und Schulforschung, Wissenschaftlicher Leiter der Versuchsschule Oberstufen-Kolleg, Vorstandsmitglied der BiSEd sowie Projektleiter des Bielefelder QLB-Projekts „BiProfessional“ und vereint somit verschiedenste Schnittstellen.

Dr. Norbert Jacke ist geschäftsführender Leiter der BiSEd und damit unter anderem verantwortlich für die Verwaltung der zugewiesenen Mittel und Stellen.

Prof. Dr. Petra Josting ist Professorin für Germanistische Literaturdidaktik und als BiSEd-Direktorin sowohl inner- als auch außeruniversitäre Repräsentantin der Bielefelder Lehrkräftebildung.

Julia Schweitzer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BiSEd im Zentrum Praxisreflexion sowie im Projekt BiProfessional mit Blick auf Öffentlichkeitsarbeit und Transfer.